Mit allen äußeren Veränderungen, die wir aushalten oder auch mitgestalten, lernen wir uns selbst immer besser kennen.
Aber: Mit zunehmendem Wissen – als Insel im Meer gedacht – wird das Ufer der Unwissenheit immer länger und dehnt sich weiter aus:))
Ovid meinte: Tempora mutantur – et nos mutamur in illis …
Und was wäre, wenn …?
Erich Fried schreibt in biblischem Ton 1957:
“Die Maßnahmen”
Die Faulen werden geschlachtet
die Welt wird fleißig
Die Häßlichen werden geschlachtet
die Welt wird schön
Die Narren werden geschlachtet
die Welt wird weise
Die Kranken werden geschlachtet
die Welt wird gesund
Die Traurigen werden geschlachtet
die Welt wird lustig
Die Alten werden geschlachtet
die Welt wird jung
Die Feinde werden geschlachtet
die Welt wird freundlich
Die Bösen werden geschlachtet
die Welt wird gut
aus: Erich Fried: Befreiung von der Flucht. Gedichte und Gegengedichte – Claassen Verlag, Hamburg 1968
Und wer bleibt dann übrig?
Im Prediger Salomo lesen wir:
“Alles hat seine Zeit” …
… und jegliches Vornehmen unter dem Himmel seine Stunde.
Geborenwerden hat seine Zeit,
und Sterben hat seine Zeit;
Pflanzen hat seine Zeit,
und Gepflanztes ausreißen hat seine Zeit.
Töten hat seine Zeit, und Heilen hat seine Zeit;
Zerstören hat seine Zeit, und Bauen hat seine Zeit.
Weinen hat seine Zeit, und Lachen hat seine Zeit;
Klagen hat seine Zeit, und Tanzen hat seine Zeit.
Steine schleudern hat seine Zeit,
und Steine sammeln hat seine Zeit;
Umarmen hat seine Zeit,
und sich der Umarmung enthalten hat auch seine Zeit.
Suchen hat seine Zeit,
und Verlieren hat seine Zeit;
Aufbewahren hat seine Zeit,
und Wegwerfen hat seine Zeit.
Zerreißen hat seine Zeit,
und Flicken hat seine Zeit;
Schweigen hat seine Zeit,
und Reden hat seine Zeit.
Lieben hat seine Zeit,
und Hassen hat seine Zeit;
Krieg hat seine Zeit,
und Friede hat seine Zeit …