Heute ist der Welttag der Philosophie

(immer am dritten Donnerstag im November)

Was können wir von Kindern lernen? Fragen stellen, immer wieder nachfragen …

Leider ist das für andere oft anstrengend, lästig, unbequem …

Als Erwachsene brauchen wir Mut, um Fragen zu stellen – damit zeigen wir den anderen, wie wir denken, machen uns angreifbar, kritisierbar.
Und oft denken wir, wir hätten schon Antworten gefunden:)

Was wir leider oft vergessen:
Fragen öffnet Türen, zeigt Aufmerksamkeit und Wertschätzung, beflügelt Gespräche, regt die Kreativität an, macht uns Perspektiven bewusst …

Unter den Bildern findet Ihr Beispiele aus der Praxis.

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Die Kunst der Frage

Was ist eine „gute“ Frage?

Entscheidend ist, in welcher Funktion, mit welcher Absicht und in welcher Haltung ich einen anderen frage:

  • Ich formuliere klar (SACH-Ebene: Information)
  • zugleich lasse ich Empathie spüren (WIR-Ebene: Beziehung)
  • und fördere so die Bereitschaft zum Antworten (ICH-Ebene: Vertrauen).

Die gute Frage fördert die Kommunikation, weil sie Interesse signalisiert, Verständnis erkennen lässt und Antworten ermöglicht, die nicht Ärger, Scham oder Angst auslösen.

Frage-Muster:

„Geschlossene” und „Offene“ Fragen

Geschlossene Fragen können nur mit einer knappen Information beantwortet werden. Sie werden z. B. eingesetzt, um den Gesprächspartner thematisch „bei der Stange“ zu halten und ausufernde Exkurse einzudämmen.

            Beim Arzt: „Haben Sie häufig Kopfschmerzen?“ – „Ja.“

Offene Fragen
ermöglichen es dem anderen, mit eigenen Worten zu schildern, was ihm einfällt und was er weiß. Sie sind geeignet zur Gesprächseröffnung und -vertiefung; sie wirken aufschließend, ermutigend, kontaktfördernd, haben aber auch Nachteile.

            In einer Prüfung: Der Prüfling hat die Freiheit, da einzusteigen, wo er etwas weiß. Er kann aber auch unangenehme Themen umgehen und vom Thema abschweifen.

Welche Fragen sollten „verboten“ sein?

Bestimmte Fragetechniken sind zwar beliebt, aber wenig produktiv und üben verbale Gewalt aus. Meist entspringen sie der Ungeduld des Fragenden. Die dadurch gewonnenen Informationen haben häufig einen zweifelhaften Wert. Alle wertenden, aggressiven, verletzenden oder in Verhörform formulierten Fragen lösen Widerstände aus, z. B.:

(1) Fangfragen haben die Absicht, den Gesprächspartner hereinzulegen. Sie stellen den Versuch dar, den Befragten zu überfahren oder zu übertölpeln.

Beispiel „Gericht“: Scheidungsrichter zum Angeklagten: „Haben Sie, nachdem Sie Ihre Frau geschlagen haben, Alkohol getrunken oder nicht?“ Der Angeklagte, der seine Frau nie geschlagen hat, wird natürlich, gleichgültig, ob er Ja oder Nein sagt, in beiden Fällen die Tat zugeben.

(2) Überfall-Fragen
signalisieren Ungeduld, Unhöflichkeit bzw. die Unfähigkeit, sich einzufühlen, und lösen häufig Abwehr und Aggressivität aus.

Beispiel „Beratung“: „Schlagen Sie Ihre Tochter manchmal?“ ist sicher kein geschickter Einstieg in das Thema. Durch einen vorgeschalteten Satz können Antworten auf schwierige oder peinliche Fragen besser angebahnt werden, z. B.: „Kinder können auch die sanftmütigsten Eltern manchmal so provozieren, dass die Hand ausrutscht. Ist Ihnen das bei Ihrer Tochter auch schon einmal passiert?“

(3) Wertungs-Fragen
sind häufig Warum-Fragen. Der meist abwertende Ton treibt den anderen in die Defensive. Weil er gezwungen wird, sich zu verteidigen, läuft er Gefahr, statt der wirklichen Gründe vorgeschobene ins Feld zu führen bzw. zu lügen.

Beispiel „Arzt“: „Warum sind Sie so unvernünftig und trinken so viel Flüssigkeit, obwohl ich es Ihnen verboten habe?“ Sinnvoll und konstruktiv ist: „Weshalb fällt es Ihnen so schwer, sich an die Trinkmenge zu halten, die ich Ihnen vorgeschlagen habe?“


Test: Erkennt Ihr die Falle?

(1) Du nimmst an einem Wettlauf teil. Du überholst den Zweiten. An welcher Position befindest Du Dich jetzt?

Vor Deiner Nase ist immer noch ein Läufer.

(2) Wenn Du den letzten Läufer überholst – an welcher Position erreichst Du Dein Ziel?

Kann man den Letzten überhaupt überholen?


Zu guter Letzt

Gute Eltern lehren die Kinder: Du sollst nicht lügen.
Sie vergessen, das Kind zu lehren: Du musst nicht jede Frage beantworten.

Johannes Gross (1932-99), dt. Journalist u. Publizist


Viele Frage- und Argumentationsmuster, mit denen Menschen manipuliert werden können, findet Ihr bei Arthur Schopenhauer: “Eristik” (Die Kunst des Streitens).

Eristische Dialektik ist der Name eines um 1830 entstandenen Manuskripts von Arthur Schopenhauer, in dem er als Eristik oder Eristische Dialektik eine Kunstlehre beschreibt, um in einem Disput per fas et nefas (lateinisch für „mit erlaubten und unerlaubten Mitteln“) als derjenige zu erscheinen, der sich im Recht befindet.
Zu diesem Zweck gibt er 38 rhetorische Strategeme an, die folglich nicht der Wahrheitsfindung dienen, sondern dem Erfolg in einem Streitgespräch durch bestimmte argumentative Formen.
Diesen Zweck haben auch klassische Sophismen.